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Die Eiserne Lunge und „Mein Deins“ von Thomas Vinson

 

Thomas Vinson „Meins Deins“

Dem Werkzeug des Künstlers stellt Thomas Vinson das Werkzeug des Arztes, der Ärztin zur Seite.
Beide, die Ärzt:Innen und die Künstler:Innen benutzen Werkzeuge, die im Verhältnis zu dem, was diese Werkzeuge bewirken, nämlich Schönheit und Heilung, völlig andersartig erscheinen: 
hart, kantig, scharf. 
Erst die feine Hand der Künstler:Innen, bzw. der Ärzt:Innen macht aus diesen Werkzeugen ein Instrument, das im kunstvollen Spiel der Hand eine Wandlung erzeugt: das Holz wird zur Skulptur, der kranke Körper zum gesunden Körper.
Die Kunst der Handhabung bewirkt die Verwandlung.
Hier in der Vitrine erhält das rüde Werkzeug durch die Sorgfalt der Präsentation eine besondere Aufmerksamkeit und Wertschätzung, einen eigenen Klang.
Jedes Werkzeug verlangt vom Künstler wie vom Arzt ein eigenes Können und Vermögen der Handhabung. Die Künstler:Innen bauen sich für eine bestimmte Aufgabe ein passendes Werkzeug, wie die Medizin neue Werkzeuge entwickelt, um neue Wege der Heilung gehen zu können.
Mit jedem Neuen verändert sich die Handhabung und daraus folgend die Kunst:
Mit jedem weiterentwickelten Werkzeug, z.B. den Roboter gestützten Instrumenten wird das Auge der Ärzt:Innen in ein neues Verhältnis zu ihren körperlichen Koordinations-Fähigkeiten gesetzt – das Auge erhält ein neues Gewicht:
Werden sich die Kunst und die Medizin hier auf neue Weise begegnen? Welche Rolle wird unser Auge zukünftig in unserer Lebensorganisation spielen – was lernen wir von Ärzt:Innen, was von Künstler:Innen?
„Meins Deins“ ein Fragen auf Gegenseitigkeit.

 

 

 

 

Vor der Polio-Schutzimpfung Mitte der 1950er Jahre kam es regelmäßig zu weltweiten Kinderlähmungs-Epidemien. Viele Erkrankte erstickten, weil auch ihr Atmungsapparat gelähmt war. Erst ab 1928 wurde es möglich, Polio-Patienten vor dem Erstickungstod zu retten: mithilfe der sogenannten „Eisernen Lunge“.

„Die ‚Eiserne Lunge‘ ist erfunden worden als Not-Instrument zur künstlichen Beatmung“, sagt der Heidelberger Medizinhistoriker Wolfgang Eckart. „.., man hat versucht, Unterdruck in einer Kammer herzustellen, um den Brustkorb anzuheben und ihn dann regelmäßig durch Überdruck wieder fallen zu lassen. Das heißt also, die Funktion des Brustkorbs zu imitieren und zu übernehmen… Die ersten ‚Eisernen Lungen‘ wogen fast eine Tonne, waren unglaublich schwer…“

Lebensretter „Eiserne Lunge“

Behandelt wurden mit der „Eisernen Lunge“ vor allem Menschen mit Kinderlähmung. Seit Ende des 19. Jahrhunderts kam es immer wieder, alle fünf bis sechs Jahre, zu weltweiten Polio-Epidemien. „Sie trat regelmäßig in den Sommermonaten auf, und das Perfide ist, diese Krankheit tritt extrem plötzlich auf. Am 11. Oktober 1928 war ein achtjähriges Kind ins Children’s Hospital in Boston eingeliefert worden. Die Diagnose: Kinderlähmung. Polio. Das Kind litt unter Lähmungen, es rang nach Atem. Sein Zustand schien aussichtslos. Der amerikanische Kinderarzt McKhann wusste: In direkter Nachbarschaft, an der Bostoner Harvard University, war der Ingenieur Philip Drinker mit der Entwicklung einer Beatmungsmaschine beschäftigt. Gedacht war sie eigentlich zur Behandlung von Opfern von Stromschlägen und Gasvergiftungen. McKhann überzeugte Drinker, das neuartige Gerät auszuprobieren.

Die Premiere am 12. Oktober 1928 glückte: „Obwohl die erste Patientin einige Tage später an Lungenentzündung starb, war das Prinzip der externen Atemhilfe damit eingeführt.“ Philip Drinker entwickelte seine Erfindung weiter. 1929 meldete er sie zum Patent an und stellte sie der Öffentlichkeit vor.
Anfang der 30er Jahre brach in den USA erneut eine Polio-Epidemie aus. „Dies hat dazu geführt, dass man überlegte: Wie können wir die Stückzahlen vergrößern und auch den Preis dieser ‚Eisernen Lunge‘ reduzieren?“. Die „Eisernen Lungen“ wurden leichter – und damit transportabel. Die „Eiserne Lunge“ ging in die Serienproduktion. Erste Beatmungszentren für Polio-Patienten entstanden.
Mitte der 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts wurde es möglich, Kinder vor einer Ansteckung mit Polio zu schützen. „Kinderlähmung ist grausam. Schluckimpfung ist süß.“ Große Impfkampagnen führten nach und nach zum Verschwinden der Krankheit in der westlichen Welt. Damit ging auch die Ära der „Eisernen Lunge“ zu Ende. Die Produktion der Geräte wurde 1970 eingestellt. Die Wartungsverträge liefen 2004 aus. Die letzte Patientin, die Australierin June Middleton, starb 2009. Sie hatte 60 Jahre lang in der „Eisernen Lunge“ gelebt.

(Quelle: Von Martin Winkelheide | 12.10.2018, Deutschland Funk, abgerufen: 16.2. 2022
https://www.deutschlandfunk.de/vor-90-jahren-erster-einsatz-der-eiserne-lunge-bei-100.html